Die Schöffel Service Factory - alles wieder gut
Zu Gast in Schwabmünchen
Schöffel - traditionsreiches Familienunternehmen mit Sitz in Schwabmünchen. Hier auf dem Firmengelände passiert alles, von Entwicklung und Vertrieb, über Marketing, bis hin zur Servicebearbeitung. Die hat sich seit 2018 deutlich vergrößert und vor allem verändert. Ich traf mich mit Ludwig Schuster, Leiter der Schöffel Service-Factory und ließ mir das alles ganz genau erklären.
Er ist stolz auf seine 500m² Servicefläche, das Team und die bisherige Leistung aller Beteiligten, das merkt man sofort. Viel ist angepackt worden, viel wurde verändert und das neue Servicekonzept wurde begeistert angenommen. Von Mitarbeitern, wie Kunden. Ganze 5.000 Reparaturen wurden 2018 bearbeitet, manche sind in 5 Minuten erledigt, während andere mehr als 10 Stunden Arbeit erforderten, aber dann ihren glücklichen Besitzern in tadelloser Funktionalität wieder geschickt wurden. 5 Tage dauert die gesamte Bearbeitung einer Reparatur im Höchstfall, bevor sie wieder an den Kunden/Händler geschickt wird.
Zusätzlich zu den Reparaturen, die aus dem Handel und von Privatkunden an den Service geschickt werden, kommt jährlich ab Mitte September noch ein ganz besonderes Pfund auf die Mitarbeiter zu. Schöffel stattet viele Skischulen aus und hier stehen bis zu 300 Individualisierungen bei den Jacken und Hosen an. Schließlich sollen alle den optimalen Skianzug am Leib haben. Das Ganze zieht sich hin bis zum Start der Skisaison. Hier bekommen wir auch ein Beispiel für eine eher langwierige Bearbeitung gezeigt. Bei einer Skijacke fehlt ein Zahn am Reißverschluss. Der kann einzeln nicht ersetzt werden, also muss der gesamte Reißverschluss getauscht werden. Damit nicht genug, wurde auch die Brusttasche durch die Skikante beschädigt, an einer Stelle, die nicht einfach zu flicken war. Also wurde sie kurzerhand komplett nachgefertigt und neu mit eingesetzt. Viel Aufwand, aber die Jacke sieht aus wie neu und muss nicht entsorgt werden.
Stoff für Klassiker
Unterstützt wird Ludwig Schuster von Evi Kuchenbauer und ihrem Team. Sie ist seit 1998 bei Schöffel und fachliche Leitung der Schneiderei. Insgesamt sind 15 Schneiderinnen und 6 Servicemitarbeiter zur Auftragsbearbeitung und Kundenkommunikation in der Service-Factory beschäftigt. Sie alle bemühen sich nach Kräften, die Retouren und Lieblingsstücke der Kunden wieder fit zu machen. „Jeder Stoff ist vorrätig, jedes Garn und fast jeder Reißverschluss“, erklärt Ludwig Schuster. „So kann wirklich alles, was irgendwie möglich ist, wieder originalgetreu nachbearbeitet werden.“ Aber manchmal käme es dennoch vor, dass die Defekte bei Händlerretouren nach Bearbeitung einfach sichtbar wären und eine Gutschrift erstellt wird. Ebenso bekämen natürlich auch Kunden manchmal einen Austausch. Diese Artikel mit kleinen Mängeln werden dennoch repariert und im Nachgang gespendet.
Prototypen überall!
Aber in der Service Factory wird nicht nur Liebgewonnenes erhalten, es entsteht auch Neues. Sämtliche Prototypen für die „Professional Wear“, die Schöffel für Behörden und Firmen produziert, werden hier von Maria und ihren Kolleginnen zugeschnitten und genäht. Sie ist gerade dabei, ein Schnittlagenbild zu ordnen, das am Ende zu einer robusten Jacke für täglichen, härtesten Gebrauch werden soll. Wieso eigentlich „Schnittlagen“? Weil es bei jeder modernen, funktionellen Bekleidung mehrere Schichten gibt. Für jede Schicht eine Lage und am Ende muss alles zusammen passen.
Klingt schwierig. Ist es sicher auch.
Ein Urgestein
Wie beim Schuster, gibt es auch beim Traditionsunternehmen Schöffel echte Urgesteine. Langjährige Mitarbeiter, die das Unternehmen in- und auswendig kennen und mitgewachsen sind. Anita Trinker, beispielsweise. Sie ist seit sagenhaften 43 Jahren bei Schöffel und hat einige Stationen durch. Als Näherin fing sie an, dann arbeitete sie lange im Versand und anschließend in der Produktions-Planungs-Steuerung. Jetzt ist sie wieder in der Näherei und arbeitet mit sicherer Hand an den verschiedensten Serviceaufträgen. Sie zeigt mir stolz den Riesenstapel an Dankschreiben, die das Team per E-Mail, Brief oder Postkarte erreichen. Eine Pinnwand, die wohl als Wall of Fame bezeichnet werden kann. Glückliche Kunden bedanken sich für die Reparatur ihrer heißgeliebten Kleidungsstücke, die sie unversehrt, wieder voll einsetzbar und frisch imprägniert zurückbekommen. An ein Lieblingsstück erinnert sich Anita sehr gerne, einen 35 Jahre alten Skioverall. „Den konntest du anfassen wo du wolltest, alle stark beanspruchten Stellen waren papierdünn und rissen, sobald man etwas fester zog. Wir haben ihn wieder komplett hingekriegt, das hat Tage gedauert. Der Besitzer konnte sein Glück kaum fassen!" 35 Jahre, denke ich so bei mir. Dann fällt mir ein, dass Anita zu dem Zeitpunkt schon seit 10 Jahren bei Schöffel war und den „Retro-Overall“ wohl mitproduziert hat.
‚Liebe Anita, vielen, vielen Dank!‘, lese ich… und frag, warum alle Dankschreiben an bestimmte Mitarbeiter gerichtet sind. „Wir hängen an jeden fertigen Auftrag ein Kärtchen, auf dem der Vorname der Schneiderin steht, die sich um die Reparatur gekümmert hat.“ Das finde ich schön.
Die Kolleginnen von Anita zeigen mir den Rest. Ich bekomme die Stickmaschine demonstriert, die ein Schöffel-Logo hinterlässt, ein „Ich bin raus“- Schriftzug wird auf eine Tasche gedruckt und ich lerne, wie man Nähte verschweißt. „Das ist übrigens eine echte Seltenheit, die Maschine hat kaum eine andere Servicewerkstätte“, erklärt Ludwig. So kann die Jacke oder Hose auch nach größeren Näharbeiten wieder genauso abgedichtet werden, wie beim ersten Mal. Nebenan prüft Waltraud dann, ob die reparierte Stelle wirklich absolut dicht ist. Nebenbei tauscht sie noch einen Druckknopf aus, den außer ihr wohl niemand in der Masse an Knöpfen gefunden hätte. Die richtige Größe und Farbe für jedes Schöffel-Erzeugnis der letzten Jahr… zehnte? Ich weiß es nicht!
Was ich allerdings weiß: ich bin zu einem bekannten Hersteller von Outdoor- und Wanderbekleidung gefahren, habe ein äußerst zukunftsorientiertes, aber auch traditionelles Unternehmen kennengelernt und das Schöffel Firmengelände an diesem Tag schwer beeindruckt verlassen. Respekt!