Wintertraum - Skifahren in Süd-Norwegen
Jeder, der sich für Wintersport interessiert, verbindet mit Telemark jenen eleganten Ausfallschritt bei den Skispringern, mit dem die Athleten ihren Sprung formschön im Stadion vollenden. Ganz vereinzelt sieht man in den Alpenregionen auch mal einen „Telemarker“ auf der Piste. Ein Highlight, das so manchen Skifahrer staunen lässt, denn der Telemark-Fahrstil vereint Eleganz und Athletik in Perfektion. Seine Geburtsstunde feierte der elegante Skischwung in Norwegen, genauer in der Region Telemark.
Als leidenschaftliche Wintersportler und absolute Skifans Grund genug, die Telemark einmal zu besuchen. Und weil wir uns dieser für den Skisport so wichtigen Region nicht nach dem Motto „Ex-und-Hopp“ nähern wollen, wählen wir eine Anreise mit Bus und Fähre. Zugegeben, die Reisezeit aus dem Süden der Republik dauert etwas länger, aber dafür kann man alles in Auto oder Bus packen: Ski-Alpin-Equipment, Langlaufausrüstung, Skitouren-Add-Ons ... Die Telemark ist ein überdimensionaler Wintersport-Spielplatz – dem es gilt gerecht zu werden.
Mit dem Schiff umweltfreundlich nach Norwegen
Fährpassagen zwischen Dänemark (Hirtshals) und Norwegen (Langesund) dauern 4,5 Stunden. Wer dabei auf die Umwelt achten möchte, bucht die Überfahrt bei der norwegischen Reederei „Fjordline“. Die Norweger setzen bei dieser Strecke zwei neue Fähr-Kreuzfahrtschiffe ein, die ausschließlich mit dem umweltfreundlichen Treibstoff LNG (Flüssig-Erdgas) betrieben werden. Schöner Nebeneffekt: Egal, wo man sich auf dem Schiff an Deck befindet, es stinkt nirgends nach Abgasen und leise ist es auch. Die Anfahrt durch die Schären Richtung Hirtshals-Hafen ist atemberaubend. Auf hunderten von kleinen Steininseln stehen hübsche, bunt-angestrichene Holzhäuser.
Telemark in 3 Worten: Holz, Kerzenlicht, Feuer
Wir strecken die Köpfe in den Fahrtwind und gucken uns die schmucken Häuschen an: Hinter den Fenstern strahlt warmes Licht zu uns und in jedem Vorgarten steht ein Dreibein-Grill – zwei Charakteristiken, die uns während des gesamten Aufenthalts in der Region begleiten werden: Licht und Feuerstellen. Die Fotomotive der Schärenküste buhlen mit ihrem erstaunten Publikum, aber irgendwann wird es auch dem härtesten Fotografen zu kalt. Es ist Winter, die Temperaturen tief unter Null, zusammen mit dem Fahrtwind fällt auch das Staunen schnell schwer, nicht zuletzt weil sich die Gesichtsmuskeln wie zu Eis erstarrt anfühlen: Velkommen til Norge (Willkommen in Norwegen)
Norwegen: Ein Herz für Rentiere & Co.
Autofahren im norwegischen Winter ist gewöhnungsbedürftig: Die Straßen werden aus Rücksicht vor den Wald- und Wildtieren weder gesalzen noch gekiest. Die Rentiere & Co. sollen sich nicht ihre Pfoten verletzen, wenn sie Straßen queren, oder gleich auf den wenig frequentierten Wegen entlangmarschieren. Schneeketten sind hier kein nettes Accessoire, sondern ein MUST HAVE. In Norwegen nimmt man sich Zeit zum Fahren, der Verkehr ist in der Telemark äußerst überschaubar. Zu sehen gibt es viel, beispielsweise jede Menge Seen, die unter einer dicken Eisschicht schlummern und sich wie eine Perlenkette aneinanderreihen. Die ebenen Flächen verraten die Seen, darauf sind allerhand Tierspuren zu erkennen, oder auch Norweger zu erleben, die sich vor ein selbstgeschlagenes Eisloch positionieren und das Abendessen angeln. Einige davon schlagen sogar ihr Zelt auf einem der zahlreichen Seen auf. So werden ganze Wochenenden verbracht.
Wikinger im Blut
Überhaupt haben die Norweger ein etwas anderes Verhältnis zu Kälte: Klettert das Thermometer im März tagsüber von -15 auf -8 Grad Celsius sitzen die Wikinger-Nachfahren fröhlich im Pulli draußen um eine Feuerstelle, trinken ihren heißgeliebten Kaffee und essen eine Zimtschnecke. Wintergrillen wird hier ganz groß geschrieben. Jedes Ferienhäuschen hat eine hübsche Veranda, die selbstverständlich auch im Winter voll ausgestattet ist: Sessel mit dicken Fellen, Grill, Feuerholz, etc.
Wenn es nicht stürmt und schneit spielt sich hier auch im Winter ein Teil des Lebens draußen ab – da kommt der Wikinger durch. Übrigens auch wenn es um Trinkfreude und Geselligkeit geht. Skål! (Prost!)
Skifahren wie früher – ein Familienparadies
Während man in vielen Skigebieten im Alpenbogen dem „Earlybird“ hinterherjagt um vor dem großen Ansturm wenigstens für ein paar Runs die Pisten für sich allein genießen kann, geht in der Telemark vor 10 Uhr gar nichts! Null. Niente. Es ist schlichtweg zu kalt, um vor 10 Uhr die Lifte zu öffnen, zumal hier noch ehrlich mit Ankerliften oder 2er- und 4er-Sesselliften transportiert wird. Mehrseilbahnen die hunderte von Skifahren in Rekordzeit auf den Berg bringen gibt es nicht, und das ist gut so. Das Skigebiet in Vierli/Rauland beispielsweise erstreckt sich über viele Hänge. Lifte und Pisten führen dabei auch durch hübsche Ferienhausanlagen. Ideal für Familien – denn die Kids sind immer in Sicht- und Hörweite. Der eine oder andere „Kicker“ steht entsprechend auch gleich im Garten. Zur Mittagszeit wird selbstverständlich draußen der Grill angefeuert und der Rost übers Feuer gehängt. Die Luft ist dann voll von Röstaromen, Steaks und Grillwurst könnten theoretisch aus dem Lift in den Mund wandern – die norwegische Interpretation von „Drive-In“.
Wer volle Pisten und Après-Ski-Zauber wünscht ist hier falsch: Die Skigebiete sind auch an beliebten Wochenenden nicht überfüllt und auf den Hütten gibt es Waffeln und Kaffee oder Bier – anstatt lauter Musik, die in den Ohren schmerzt, stehen hier brennende Kerzen auf den Hüttentischen.
Übrigens trifft man in den Skigebieten viele Einheimische, die mit Langlaufski auf der Piste unterwegs. In Norwegen ganz normal, es gibt sogar extra ausgewiesene Langlaufabfahrten, aber die meisten donnern mit ihren schmalen Latten über die gängigen Pisten. Es ist ebenfalls ganz normal, das ganze Familien zu einem Tree Ride abbiegen, über natürliche Schanzen hüpfen und im Tiefschnee ein bisschen „spielen“. Wenn es zu kalt wird, setzt man sich an der Talstation ums Feuer, das immer brennt. Dazu eine heiße Schokolade oder Kaffee aus großen Bechern – koselig (gemütlich).
Gaustatoppen: Freeride-Paradies – ohne Freerider
Ein ganz besonderes Ski-Schmankerl stellt der 1883 Meter hohe Gaustatoppen dar. Südnorwegens höchster Berg ist ein Freeride-Paradies, das noch ein wenig im Dornröschenschlaf schlummert. Der Berg sieht aus wie ein breiter, dicker Vulkankrater, mit abgeschnittener Kuppe – das geschulte Freeride-Auge sieht hier ein Face (Abfahrtslinie) neben dem anderen. Von steil bis moderat – ein Freeridetraum. Klar, ein paar Norweger sind unterwegs, aber wenn dieser Berg in den Alpen stehen würde, wäre er ein Freeride-Mekka, mit einer Heerschar an Skipilgern.
Bergwärts gibt es (noch) keine Lifte oder Seilbahnen. Entweder man steigt mit den Ski auf, oder man fährt mit der Gaustabahn nach oben. Die Schmalspurbahn wurde zu Zeiten des Kalten Krieges in den Berg gehauen und war ein großes Geheimnis. Mittlerweile befördert die Bahn nur mehr Touristen, oder auch mal den norwegischen König. Die Auffahrt samt Umsteigebahnhof inmitten des Berges ist allein schon ein großes Erlebnis. Oben ankommen peitscht einem draußen der Wind entgegen – das Panorama entschädigt die eisigen Temperaturen. Nach dem 360-Grad-Panoramablick warten in der gemütlichen Hütte - die unter den ganzen Schneemassen erst mal gar nicht als solche erkennbar ist – frische Waffeln und heißer Kaffee. Die Abfahrt durch fluffigen Pulver bringt Ski-Enthusiasten zum Juchzen.
Wer dann nicht noch einmal mit Schmalspurbahn fahren, oder zu Fuß nach oben steigen will, findet im Gaustablikk-Skizentrum noch ein äußerst nettes Skigebiet mit einem großen Variantenreichtum was On- und Offpisteabfahrten angeht.
Eine zweite Möglichkeit: Einen Telemarkkurs buchen, um wie Sondre Norheim, dem Erfinder des eleganten Skistils, die Pisten anmutig hinunterzugleiten.
Der norwegische Volkssport: Langlaufen
Langlaufen in Norwegen, das ist wie die Sahnhaube auf dem heißen Kakao: Ein Leckerbissen! Vor allem die Gegend um Vierli/Rauland in der Region Telemark ist bei Loipianern äußerst beliebt. Rund um das Rauland Skicenter stehen an die 30 Loipen mit fast 150 Kilometer Gesamtlänge zur Verfügung.
An den Wochenenden gehen die Norweger mit Kind und Kegel in die Spur – es wird lang gelaufen und mindestens genauso lang Picknick gemacht. Aber keine Sorge: Die Loipenrunden sind so weitläufig, dass man sich auch hier nicht auf die Langlauf-Ski tritt ... Nach dem Sport treffen sich dann wieder alle am Skicenter und sitzen auf Holzblöcken mit dicken Fellen gepolstert um den obligatorischen Dreibein-Grill mit offenem Feuer – so könnte man noch viele Tage, wenn nicht gar Wochen verbringen ...
Norge, vi kommer tilbake. Takk! (Norwegen, wir kommen wieder. Danke!)
Übrigens: Passende Freeride- und Skibekleidung aus Norwegen gibt es von >> Norrona:
NÜTZLICHE TIPPS UND KONTAKTE:
Fährüberfahrt
>> Fjordline fährt täglich um 9.30 Uhr von Hirtshals (Dänemark) nach Langesund (Norwegen). Im Winter gibt es Angebote pro Fahrt und Person ab 44 Euro.
Sondre Norheim Geburtshütte und Museum
Den gut 15-Minuten-dauernden Zustieg zur Geburtshütte kann man mit Schneeschuhen, oder gutem Schuhwerk bewältigen. Die Hütte spiegelt sehr deutlich wider, wie arm die Region Telemark früher war und wie hart die Winter waren.
Das Museum gibt einen sehr eindrücklichen Überblick über die Geschichte des Wintersports. Die Region Telemark gilt als Ursprung des modernen Skisports, der Erfinder ist Sondre Norheim.
>> Skimuseum Skieventyr und Besuch der Geburtshütte von Sondre Norheim
>> Gaustatoppen
Gaustabahn auf den Gipfel des Gaustatoppen
Übernachtungsmöglichkeiten
>> Quality Straand Hotel Vrådal
Sehr hübsches Hotel an einem See gelegen, von dem aus es nicht allzu weit ist zum Skimuseum.
>> Gaustablikk Høyfjellshotell
Ski-In/Ski-Out-Hotel für das Gaustablikk Skisenter
Der Blick in die Berge ist atemberaubend!
>> Vierli/Rauland
Ferienhaussiedlung mit hübschen Holzhäusern und Grasdach
>> Høgfjellshotell Rauland
Das Hotel liegt direkt an einer Loipe, von der man bequem in den Skicenter per Ski laufen kann. Auch zur Skipiste ist es nicht weit.