Sportkardiologe Prof. Dr. med Pressler gibt Aufschluss über den richtigen Puls beim Joggen, warum manche Sportler*innen trotz kontinuierlichem Training einen sehr hohen Puls haben und erklärt, welcher Trainingsfehler oft dahinter steckt.
von SPORT SCHUSTER
Es gibt sehr viele gute Gründe für Läufer*innen, eine sportmedizinische Untersuchung (>> Mehr dazu "Was ist eine Leistungsdiagnostik und wie läuft sie ab?) durchführen und sich medizinisch absichern zu lassen. Der vielleicht aber häufigste Anlass ist die Schwierigkeit, die eigene Herzfrequenz (= Puls) beim Joggen richtig einschätzen zu können. Dazu trägt auch die stetig steigende Verwendung von Pulsuhren bei, die Läufer:innen gerade nach einem Neuerwerb erstmals überhaupt die Höhe der eigenen Herzfrequenz in Ruhe, bei Alltagsaktivitäten und beim Laufen vor Augen führen und vielleicht anzeigen, man würde die ganze Zeit über im roten Bereich trainieren. Sehr häufig besteht dadurch die Sorge, ein zu hoher Puls könne vielleicht sogar dem Herzen schaden.
Am häufigsten haben Läufer*innen den Eindruck, ihr Puls sei in Relation zum Lauftempo zu hoch bzw. steige zu rasch an. Sie wundern sich aber auch, dass trotz des vermeintlich hohen Pulses die angestrebte Trainingsstrecke locker gemeistert werden kann. Oft werden auch Vergleiche mit Mitsportler*innen gezogen, die trotz gleichem Trainingszustand viel niedrigere Pulse haben. Aus medizinischer Sicht lassen sich diese Fragen meistens recht gut klären, und die gute Nachricht ist, dass dies in den allermeisten Fällen keine krankhaften Hintergründe hat, sondern durch Trainingsinhalte, Lauferfahrung und individuelle Unterschiede in der Pulsregulation gut erklärt werden kann.
Die Hauptaufgaben von unserem Herz
Der Mythos vom Sportherzen - auch unter Amateursportler*innen?
Falsches Training - eine mögliche Ursache für einen hohen Pulsschlag
Gewicht, Sportart und Alter bestimmen deinen Maximalpuls
Dies bringt uns zu weiteren möglichen Gründen, nämlich der Tatsache, dass die Höhe des Pulses nicht nur vom Trainingszustand, sondern auch vom Gewicht, der Sportart und vor allem vom Alter und einer gewissen individuellen Streubreite abhängt. Beim Radfahren z.B. steigt der Puls geringer als beim Laufen (ca. 10 Schläge Unterschied), da man das eigene Körpergewicht abfängt und weniger Muskulatur im Einsatz ist. Und ein schwerer Läufer hat mehr Masse zu durchbluten, so dass das Herz auch hier durchaus etwas schneller schlagen muss. Das Wichtigste ist aber das Alter, da mit zunehmender Lebensdauer die maximale Herzfrequenz stetig sinkt. Damit sinken auch die Relationen der Trainingspulse zur maximalen Herzfrequenz, d.h. ein Ausdauerpuls liegt bei jemand mit einem Maximalpuls von 200 oft deutlich höher als bei jemand mit einem Maximalpuls von 160. Mitunter kann also ein Laufpuls von 170-180/min durchaus im korrekten aeroben Bereich liegen. Und selbst bei gleichem Alter gibt es teils gravierende Unterschiede im Maximalpuls; Formeln wie 220-Lebensalter, die häufig zur Berechnung eingesetzt werden (übrigens auch den meisten Pulsuhren zugrunde liegen), sind dahingehend oft sehr ungenau. So gibt es durchaus Unterschiede bis zu 30-40 Schläge zwischen gleichaltrigen Läufer*innen.
Fazit: Ein rascher Pulsanstieg beim Laufen kann sehr unterschiedliche Gründe haben und deutet nicht in jedem Fall eine Auffälligkeit an. Man sollte sich insgesamt also nicht zu sehr mit anderen vergleichen, sondern seine eigene, individuelle Pulsregulation erfahren, z.B. durch eine Leistungsdiagnostik. (>> Mehr dazu Was ist eine Leistungsdiagnostik und wie läuft sie ab?)
Bleiben noch zwei abschließende Fragen zu beantworten
1. Kann ein zu hoher Puls dem Herzen schaden?
Grundsätzlich nein. Solange das Herz gesund ist, hält es dies durchaus aus. Aus trainingsphysiologischer Sicht ist ein zu hoher Puls aber nicht zielführend, zumindest nicht im Ausdauersport Laufen.
2. Gibt es denn nun eine „beste“ Herzfrequenz beim Laufen?
Dies lässt sich pauschal nicht beantworten, sondern hängt sehr stark von den individuellen Zielen des Lauftrainings und den angestrebten Distanzen ab. Grundsätzlich ist Laufen aber ein klassischer Ausdauersport, d.h. man wird immer einen wesentlichen Teil seines Trainings im aeroben Ausdauerbereich trainieren – somit liegt die optimale Herzfrequenz in aller Regel in diesem Bereich. Eine konkrete Zahl lässt sich aufgrund der großen individuellen Variation dazu aber nicht angeben.
Unser Gastautor// Prof. Dr. med Axel Preßler:
Prof. Dr. med Preßler ist einer der renommiertesten Experten für Sportkardiologie in Europa. Der Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie war bis zur Eröffnung seiner eigenen Praxis elf Jahre lang Oberarzt im Zentrum für Prävention und Sportmedizin der Technischen Universität München. Er hält regelmäßig Vorträge vor nationalem und internationalem Publikum und veröffentlicht wissenschaftliche Beiträge auf seinem Spezialgebiet Herz und Sport. Er joggt, fährt Mountainbike und schwimmt gerne.
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Fotos: André Tappe