0 0
Vegane Ernährung beim Laufen

Passt das zusammen und worauf solltest du achten? Direkt am Anfang muss man sagen: Ja, vegane Ernährung und Laufen passen tatsächlich sehr gut zusammen. An den steigenden Zahlen veganer Athlet*innen kannst du dies sehr gut beobachten. Ein Beitrag von unserer Gastautorin Julia Topp.

von SPORT SCHUSTER

Foto: Nicholas Barbaros/Unsplash Foto: Nicholas Barbaros/Unsplash
Neben dem Urgestein des veganen Trailrunning und meinem persönlichen Helden Scott Jurek, tummeln sich mehr und mehr vegane Läufer*innen im Elite-Feld. Zum Beispiel Sanna & Lina El Kott aus Schweden, Damian Hall aus Großbritannien, Antonio Frasca Di Manno aus Italien oder unser Florian Neuschwander, der sich seit 2020 vegan ernährt.

Fun Fact

Im April 2022 hat der vegane Ultraläufer Robbie Balenger das Rennen mit einem Tesla Model 3 aufgenommen. Er wollte wissen, ob er länger laufen kann als der Tesla mit voll aufgeladener Batterie (389 km). Er hat die Distanz plus ein paar extra Meter geschafft und ist nach 76 Stunden, 54 Minuten und 46 Sekunden angekommen.

Unabhängig von deiner liebsten Sportart und deinen Ambitionen ist eine umfangreiche Auseinandersetzung mit der Thematik das Wichtigste, um die Ernährungsumstellung erfolgreich und gesund zu gestalten. Ich gebe dir hier nur einen kleinen Einblick, auf was du achten solltest.
Kichererbsen - lecker und ein idealer Lieferant für Proteine und Vitamin B9. Foto: Marius Dragne/Unsplash Kichererbsen - lecker und ein idealer Lieferant für Proteine und Vitamin B9. Foto: Marius Dragne/Unsplash

Die Makronährstoffe

Gute Kohlenhydrate, ausreichend Proteine und gesunde Fette sind der Grundstein einer veganen, vollwertigen Ernährung.

Einfache Kohlenhydrate wie Weißbrot, zuckerhaltige Produkte wie Kuchen oder Milchprodukte liefern dir schnell Energie. Damit steigt dein Blutzuckerspiegel sprunghaft an und fällt genauso schnell wieder ab und du bekommst erneut Hunger. Abgesehen davon ist die Nährstoffdichte sehr gering. Im Vergleich dazu versorgen dich komplexe Kohlenhydrate neben Energie mit Vitaminen und Ballaststoffen. Dein Blutzuckerspiegel steigt nur langsam an und du bist länger satt. Ballaststoffe, die faserreichen Bestandteile pflanzlicher Lebensmittel, sorgen für eine gute Verdauung. Allerdings solltest du Bohnen und Linsen vor einem Wettkampf meiden, wenn dein Magen-Darm-Trakt sensibel auf diese reagiert. Gib Kartoffeln und Nudeln aus Weißmehl den Vorzug.

Der Mythos, dass dein Proteinbedarf mit veganer Ernährung nur schwer zu decken ist, hält sich leider tapfer. Dabei ist es wirklich einfach und es gibt viele gute pflanzliche Proteine wie Tofu, Hülsenfrüchte, Erbsen, Quinoa, Haferflocken, Nüsse und Samen. Der menschliche Körper kann zwar tierisches Eiweiß besser verwerten als pflanzliches, aber durch die gezielte Kombination von Lebensmitteln kann die Wertigkeit von pflanzlichem Eiweiß in einer Mahlzeit erhöht werden. Bohnen mit Reis oder Sojaprodukte mit Kartoffeln ergänzen sich sehr gut.

Exkurs: Biologische Wertigkeit 

Ein Hühnerei dient als Referenzwert für die Beurteilung von Lebensmitteln als Proteinquelle. Die biologische Wertigkeit des Eis wurde auf 100 festgelegt. Wird nun ein Protein besser verwertet als ein Hühnerei, hat es eine biologische Wertigkeit von über 100; wird es schlechter verwertet, ist die Wertigkeit unter 100. Sojaprotein hat eine Wertigkeit von 85, Molkenprotein 106 und Milchprotein 77. Bei den Lebensmitteln liegt Soja mit 84 vorn, gefolgt von Reis mit 83, Quinoa mit 82 und Roggenmehl mit 80.


Wenn du nicht die empfohlene Proteinmenge (die DGE empfiehlt Erwachsenen 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht, Sportler 1,2 bis 1,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht) am Tag erreichst, gibt es heutzutage viele vegane Proteinpulver, die du in den gängigen Supermärkten, Drogerien und Bioläden kaufen kannst. Diese bestehen zum Beispiel aus Erbsen- oder Lupinenprotein.

Veganer*innen nehmen bedingt durch die Ernährung weniger bis gar keine gesättigten Fettsäuren zu sich als Omnivoren. Die verringerte Zunahme von gesättigten Fettsäuren wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus, Stichwort Herz-Kreislaufgesundheit. Bei den ungesättigten Fettsäuren, den Omega-n-Fettsäuren, kommt es auf das richtige Verhältnis an. Omega-3-Fettsäuren wirken entzündungshemmend und gefäßerweiternd, Omega-6-Fettsäuren wirken entzündungsfördernd und gefäßverengend. Um einen Entzündungs-neutralen bzw. Gefäß-stabilen Zustand im Körper herzustellen (erhalten), sollte das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3-Fettsäuren bei 5:1 liegen. Dieser Wert ist sehr theoretisch, in der Realität liegt das Verhältnis meist deutlicher höher. Omega-6-Fettsäuren sind aber nicht per se schlecht, ganz im Gegenteil. Sie sind sogar lebensnotwendig, da sie zum Beispiel für die Gerinnung unseres Blutes oder für Reparaturprozesse zuständig sind. In der heutigen Ernährung ist es wesentlich leichter, zu viele Omega-6-Fettsäuren zu sich zu nehmen. Du findest sie vor allem in Distelöl oder Maiskeimöl, wobei in Ölen diese Fette immer konzentriert sind. Dagegen ist es schwieriger, Omega-3-Fettsäuren in ausreichender Menge aufzunehmen. Du findest sie in Leinsamen, Walnüssen, Chiasamen oder der Algenart Schizochytrium. Auch wenn Omega-3-Fettsäuren in Fischen enthalten sind, nehmen Fische diese ebenfalls über die Schizochytrium Alge auf. Statt Fisch oder Fischöl zu konsumieren, kannst du also gleich auf Algenöl oder Algenkapseln zurückgreifen.
©eatrunhike ©eatrunhike

Die Mikronährstoffe

Es gibt eine Menge potenziell kritischer Nährstoffe, die für deine Gesundheit unumgänglich sind. Dazu gehören Vitamin B2, Vitamin B12, Vitamin D, Zink, Kalzium, Jod und Selen, für uns Frauen auch Vitamin B9 (Folsäure) und Eisen. Um einen Mangel auszuschließen, sind regelmäßige Blutuntersuchungen wichtig. Auch wenn in der heutigen Zeit viele Produkte, wie zum Beispiel Milchalternativen oder isotonische Durstlöscher mit jeweils einigen der oben genannten Nährstoffen angereichert sind, solltest du deine Versorgung mit Mikronährstoffen gut beobachten. Während du Selen mit Paranüssen und Jod in Form von Jodsalz ausreichend zu dir nehmen kannst, ist es mit den folgenden Mikronährstoffen schwieriger über Nahrung auf die gesunden Mengen zu kommen:

Vitamin B2: Brokkoli, Grünkohl

Zink: Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte

Calzium: Blattspinat, Broccoli, calziumreiches Mineralwasser

Vitamin B9: Weizenkeime, Kichererbsen

Eisen: Erbsen, Bohnen und Linsen

Vitamin B12 und D stehen nicht in der Liste, da sie nicht ausreichend über eine vegane Ernährung aufgenommen werden können. Ich habe am Anfang meiner Ernährungsumstellung ein Nährstoff-Tagebuch geführt. Das hört sich im ersten Moment etwas kompliziert an, aber du lernst schnell wo welche Nährstoffe und wie viel enthalten sind. So kannst du deine Supplemente besser steuern und auch einer Überversorgung entgegenwirken.

Leistungsverbesserung

Viele Sportler und Athleten berichten, dass sie sich fitter und energetischer nach ihrer Ernährungsumstellung fühlen und sich ihre Leistung verbessert hat. Die medizinische Beweisführung hierzu ist allerdings nicht wirklich aussagekräftig. Aber es gibt einige Punkte, die sich nicht von der Hand weisen lassen:

  • Tierische Lebensmittel belasten und übersäuern den Körper, währenddessen pflanzliche Lebensmittel meist basisch wirken.
  • Die geringere Aufnahme gesättigter Fettsäuren reduziert das Risiko von Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes etc.
  • Die vermehrte Aufnahme komplexer, anstatt einfacher Kohlenhydrate, gibt länger Energie. Der berühmte Mann mit dem Hammer kommt später.
  • Veganer*innen haben einen besseren Blutfluss, der den Sauerstofftransport zu den Muskeln begünstigt.
  • Der hohe Konsum von Obst und Gemüse geht einher mit einer größeren Aufnahme an Vitaminen, Antioxidantien und sekundären Pflanzenstoffe, die wiederum das Immunsystem stärken, Zellen schützen und Herz-Kreislauf-Krankheiten vorbeugen.

Porridge - ein ideales Frühstück! Foto: Macey Deryn/Unsplash Porridge - ein ideales Frühstück! Foto: Macey Deryn/Unsplash

Regeneration

Regeneration bedeutet Erholung und damit Wiederherstellung des physiologischen Gleichgewichtszustandes. Dass vegane Ernährung eine verbesserte und kürzere Regeneration mit sich bringt, hatte ich schon vor meiner Ernährungsumstellung gehört. Ich konnte mir allerdings nicht vorstellen, dass ich wirklich Unterschiede spüre.

Die kürzere Regenerationszeit lässt sich durch den erhöhten Konsum von Obst und Gemüse, Nüssen und Saaten erklären. Dadurch werden deinem Körper mehr Vitamine, Mineralstoffe, pflanzliche Proteine und gesunde Fettsäuren zu Verfügung gestellt als einem Omnivoren. Vor allem hochwertige, pflanzliche Proteine wie Hanf-, Reis-, oder Erbseneiweiß liefern die wichtigen Aminosäuren für Deinen Muskel- und Kraftzuwachs. Dazu kommt eine verbesserte Sauerstoffversorgung und Entzündungen im Körper können schneller abheilen. Ich kann meine eigene Erfahrung natürlich nicht medizinisch belegen, aber wenn du tiefer in das Thema einsteigen möchtest, kann ich dir Vegan in Topform vom kanadischen Triathleten Brendan Brazier empfehlen.

Wie kann eine beispielhafte Ernährung für einen Tag aussehen?

Frühstück: Ich bin ein Freund der warmen Mahlzeiten und so kommt bei mir Porridge mit Beeren, Nüssen und Saaten auf den Frühstückstisch. Wenn ich früh in die Berge fahre, nehme ich gerne über Nacht eingeweichte Haferflocken mit Banane, Mandeljoghurt und einem Klecks Erdnussbutter mit.

Mittagessen: Mittags muss es schnell bei mir gehen. Hier bieten sich proteinreiche Salate mit Kichererbsen oder Linsen-Pasta an. Auch schnell und lecker sind Salate mit Couscous, Quinoa oder Buchweizen als Basis.

Abends: Je nachdem, was am nächsten Tag ansteht, esse ich abends nur eine Kleinigkeit wie Vollkornbrot mit Hummus oder Erbsenmus. Falls ein Wettkampf oder anspruchsvolles Training ansteht, am liebsten Gnocchi mit Keese Sauce aus Cashews und Spinat.

Fazit
Ich hoffe, ich konnte dir zeigen, dass Laufen und vegane Ernährung wunderbar zusammen funktionieren, wenn du auf einige wichtige Punkte achtest. Auch wenn der Beginn etwas Mühe gekostet hat, bin ich froh und glücklich über meine Ernährungsumstellung. Nach drei Jahren gibt es für mich keinen Weg zurück, denn ich sehe nur gesundheitliche, ethische und nachhaltige Vorteile. 

***
Foto: Stefan Schaaf - Peak Art Images Foto: Stefan Schaaf - Peak Art Images
Autorin Julia “Jules” Topp:

Jules ist Trailrunnerin, Bergliebhaberin, vegane Foodie und Yogi. Sie hatte am Anfang ihrer Umstellung zu veganer Ernährung, mit Augenrollen und Vorurteilen zu kämpfen. Inzwischen ist aus der Ernährungsumstellung eine Leidenschaft geworden, weswegen sie sich in den letzten Zügen ihrer Ausbildung zur veganen Sport Ernährungs Beraterin befindet.

Auf ihrem veganen Draußen Blog eatrunhike.de schreibt sie über ihre Bergabenteuer und Wettkämpfe, gibt Tourentipps, testet Equipment, teilt vegane Rezepte und rezensiert Outdoor- und Reisebücher.

Auf ihrem Instagram Account @jules_eatrunhike inspiriert sie mit Bildern aus ihrem aktiven Leben.

Trailrunning ist zwar die Sportart, die dort am meisten zu finden ist, aber Wandern, Mountainbike fahren, Bouldern, Yoga und SUP komplementieren ihre Outdoor Liebe.

***