von INGO WILHELM
Meistens bleibt nur eine juckende Beule auf der Haut. Im schlimmsten Fall aber kann ein Mückenstich auch gefährliche Krankheiten übertragen. Einst kannte man dieses Problem nur aus den Tropen. Im Zuge des Klimawandels rückt es in gemäßigte Breiten vor.
Ein effektiver Mückenschutz hilft also nicht nur dabei, ungestört zu grillen oder zu schlafen. Er dient auch der Krankheitsprävention. Dabei gibt es mehrere Ansätze zur Mückenabwehr – von Hautlotionen über Verdampfer bis hin zu Spezialbekleidung mit integriertem Mückenschutz. Die jeweiligen Produkte eignen sich für verschiedene Situationen, Outdoor-Aktivitäten und Regionen.
In diesem Artikel erklären zwei Schuster-Experten, wie Ihr am besten Mücken loswerden könnt.
Mückenschutzmittel für die Haut
Der Klassiker in Sachen Mückenschutz sind Lotionen oder Anti-Mücken-Sprays, die man auf die Haut aufträgt. Chemische Wirkstoffe verhindern, dass Mücken den Geruch der Haut wahrnehmen. Denn Mücken orientieren sich in erster Linie an dem vom Menschen ausgeatmeten CO2 sowie an Schweißgeruch. “Ein besonders wirksamer Stoff dieser Art ist DEET”, erklärt Stefan, Fachberater in der Trekkingabteilung im Sporthaus Schuster. “Für Reisen in Regionen mit vielen Mücken wie Skandinavien oder die Tropen empfehle ich ein DEET-Mückenspray.” Ein weiterer häufig verwendeter chemischer Wirkstoff ist Icaridin. Mücken fühlen sich davon abgestoßen (daher der englische Ausdruck “Repellent” für Anti-Mücken-Mittel).
“DEET ist besonders effektiv, es können jedoch auch Nebenwirkungen wie Hautreizungen auftreten”, erklärt Stefan. “Außerdem greift DEET Kunststoff an. Man sollte also nicht gleich nach dem Einschmieren an die Brille fassen.” Icaridin ist für den Menschen bei sachgemäßer Anwendung gut verträglich. Für beide Stoffe gilt jedoch: Sie sind für gewisse Lebewesen giftig, insbesondere, wenn sie ins Wasser gelangen. Eine Studie zeigte, dass Icaridin schon in geringen Dosen Lurch-Larven in Gewässern tötet. “Man sollte also sparsam mit solchen Mitteln umgehen und nicht frisch eingeschmiert baden gehen”, sagt Stefan. Denn Mückenschutzmittel waschen sich im Wasser schnell ab.
Weniger unerwünschte Effekte haben natürliche Mückenschutzmittel. Sie enthalten Duftstoffe wie Zitrone oder Lavendel, die Mücken abschrecken sollen. “Das funktioniert bis zu einem gewissen Grad”, sagt Stefan. “Während Mittel mit DEET über mehrere Stunden zuverlässig wirken, verflüchtigt sich der Schutz von Duftmitteln relativ schnell. Außerdem lassen sich damit Mücken nicht zuverlässig vertreiben – vor allem dann nicht, wenn ein intensiver Körpergeruch dagegenwirkt.”
Manche Menschen werden häufiger gestochen als andere. Das hängt aber nicht mit der Blutgruppe oder “süßem Blut” zusammen, erklärt Stefan: “Es ist wohl einfach so, dass manche Menschen für Mücken verlockender riechen als andere.”
Mückenabwehr durch Rauch & Dampf
Seit Jahrhunderten versuchen Menschen, Mücken durch Dampf mit Geruchsnoten oder durch Rauch zu vertreiben. Nach diesem Prinzip funktioniert bis heute eine Mückenspirale. Sie besteht aus Holzfasern, brennt über viele Stunden hinweg ab und setzt dabei ein Insektizid frei. “Deshalb dürfen Rauchspiralen nur unter freiem Himmel oder in offenen Räumen angewendet werden”, betont Stefan.
Ähnlich funktioniert der Mückenschutz von Thermacell: Eine kleine Gasflamme lässt von Trägerplättchen einen geruchlosen Wirkstoff verdampfen. “Im Umkreis von etwa 20 Quadratmetern hält das verdampfte Insektizid die Mücken fern”, sagt Stefan. “Ich habe es selbst beim Camping ausprobiert, und Thermacell funktioniert wirklich gut, solange der Wind nicht zu stark ist und die schützende Glocke davonträgt.”
Auch Thermacell darf nicht in geschlossenen Räumen benutzt werden. Es gibt dafür ein eigenes Verdampfergerät mit eingebauter Flamme oder einen Aufsatz für Gas-Campingkocher.
Sicherer Schutz durch Mückennetze
Ein Moskitonetz über dem Bett schützt davor, im Schlaf gestochen zu werden. Damit gehört es auf Tropenreisen zur Malariaprophylaxe. Und natürlich kann man ein Mückennetz auch über dem heimischen Bett aufspannen, damit einem die summenden Plagegeister nicht den Schlaf rauben.
Bei Mückennetzen gibt es drei entscheidende Unterschiede:
- Die Maschengröße: Je enger die Maschen gewebt sind, desto besser werden auch Kleinstinsekten wie Gnitzen abgehalten. Allerdings verschlechtert sich bei engen Maschen die Ventilation. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sollte die Maschenweite zum Schutz vor Malaria-Mücken mindestens 25 Löcher pro cm2 betragen.
- Die Form: Moskitonetze sind meist pyramidenförmig und werden an einem Punkt an der Decke fixiert. Alternativ gibt es die Kastenform mit vier Befestigungspunkten. Außerdem gibt es Mückennetze inkl. Zeltgestänge sowie für Hängematten.
- Die Imprägnierung: Bei manchen Modellen ist der Netzstoff mit einem Insektizid imprägniert. Das empfiehlt sich vor allem für unruhige Schläfer, die nachts am Netzstoff anliegen. Denn sonst könnten Mücken durch das Netz hindurchstecken.
Eine andere Art von Mückennetz trägt man ähnlich einer Imkerhaube über dem Kopf. “Bei einer Trekkingtour durch Skandinavien oder Schottland kann so ein Netz die Rettung sein”, berichtet Stefan aus eigener Erfahrung. “Den nötigen Abstand zur Haut erreicht man dadurch, dass man eine Schirmkappe darunterzieht. Sollte das Netz im Nacken oder an den Ohren aufliegen, kann man dort zusätzlich ein Mückenmittel auftragen.” Alternativ gibt es ein Modell inklusive Hut mit umlaufender Krempe, die das Netz auf Abstand hält.
Mückenschutz-Kleidung für Outdoor und Reise
Eine einfach und gut verträgliche Art von Mückenschutz besteht darin, die Haut möglichst weitgehend zu bedecken. Allerdings können Mücken und andere Insekten durch dünne Textilien hindurchstechen. Genau das soll spezielle Mückenschutz-Bekleidung verhindern.
Dabei gibt es im Prinzip zwei Ansätze:
- Stichfeste Textilien bestehen aus eher dicken Fasern und sind so dicht gewebt, dass Mücken nicht durchstechen können. Bekanntester Vertreter ist das Material G-1000 von Fjällräven.
Tipp: Es gibt fünf Arten von G-1000. Die Varianten mit den Zusätzen “classic”, “silent” und “heavy duty” sind mückenfest. Die Varianten “lite” und “air” sind es nicht.
- Behandelte Textilien. Mit speziellen Sprays lässt sich fast jede Art von Bekleidung mit einem Insektenschutz-Mittel imprägnieren. Allerdings wäscht sich der Wirkstoff schnell aus. Anders bei der Mückenschutz-Bekleidung von Craghoppers: “Bei der NosiLife-Technologie wird der Faden vor dem Weben mit dem Anti-Insektenmittel Permethrin behandelt”, erklärt Mark, Fachberater im Sporthaus Schuster. Permethrin ist für den Menschen ungefährlich. Und durch das tiefe Einarbeiten wäscht sich der Insektenschutz so gut wie nicht aus. Laut Craghoppers hält der Schutz “so lange wie das Kleidungsstück”.
Einen Mückenstich behandeln
Verflixt – eine Mücke hat zugestochen. Doch noch ist es nicht zu spät. Denn die Beschwerden wie Schwellung, Rötung und Juckreiz lassen sich einfach lindern:
- Besonders effektiv sind elektronische Stichheiler, die mit Hitze arbeiten. Hintergrund: Eine Mücke spritzt beim Stechen Speichel ein, der die Gerinnung des Blutes verhindert. Der Speichel ruft eine Abwehrreaktion des menschlichen Körpers hervor: Ausgeschüttetes Histamin lässt die Haut um den Stich herum anschwellen und jucken. Durch die Hitze des Stichheilers gerinnt der eiweißhaltige Speichel der Mücke und die Reaktionskette wird unterbrochen.
- Außerdem kannst Du einen Stich mit kühlenden Gels behandeln. Kälte lindert den Juckreiz und die Schwellung. Außerdem enthalten die Gels bzw. Stifte ein Antihistaminikum, das der allergischen Reaktion entgegenwirkt.
Welche Mücken gibt es in Deutschland?
Dass Mücken gefährliche Krankheiten übertragen, kannte man bis vor Kurzem nur aus den Tropen. Die bei uns heimischen Mückenarten gelten als lästig, sind aber weitgehend ungefährlich; mehr als eine allergische Reaktion war durch ihre Stiche nicht zu erwarten. Nun aber treten in Folge des Klimawandels zwei Phänomene auf, die Mückenstiche immer gefährlicher machen:
- Mückenarten, die bislang nur in wärmeren Gebieten heimisch waren, surren immer öfter auch durch Deutschland. Dazu gehören die Asiatische Tigermücke und die Asiatische Buschmücke. Insbesondere die Tigermücke gilt als häufiger Überträger gefährlicher Tropenkrankheiten. Wie eine Verbreitungskarte zeigt, breitet sich die Tigermücke vor allem entlang des Oberrheins aus. Die Buschmücke wurde laut dem Mückenatlas bereits im kompletten Süden und Westen Deutschlands nachgewiesen.
- Die Erreger von Tropenkrankheiten profitieren ebenfalls von den steigenden Temperaturen. Denn je wärmer es wird, desto besser können sich die Viren in den Mücken vermehren. Und so kam es in den vergangenen Jahren in Europa vermehrt zu Infektionen mit dem West-Nil-Virus oder dem Zika-Virus.
Fazit: Mückenschutz wird immer wichtiger
Experten rechnen damit, dass von Mücken übertragene Krankheiten in Mitteleuropa zunehmen werden. Um so wichtiger wird ein effektiver Mückenschutz. Die möglichen Maßnahmen reichen von der Kontaktvermeidung etwa durch Mückenschutz-Kleidung über technische Abwehrmaßnahmen bis hin zum körpernahen Schutz in Form von Repellents. Menschen, die oft draußen sind, sollten deshalb die vielen Möglichkeiten des Mückenschutzes kennen und sie situativ richtig anwenden.
Foto: Akin Cakiner /Unsplash